01.12. - 31.12. Lanzarote

Caleta de Famara, Strand, Meer, Lanzarote, Famara Beach

Heute ist der Wellengang zwar immer noch beeindruckend, aber nicht ganz so heftig wie gestern. Die Surfer sind begeistert, für sie ist es das ideale Wetter – nicht gerade für Anfänger, aber die Könner zeigen beeindruckende Leistungen. Wir treffen uns mit Ute zu dem üblichen Strandspaziergang und freuen uns darüber, dass wir so viel zu beobachten haben.

Am Tag darauf ist es windstill und es gibt kaum noch Brandung. Eine seltene Konstellation am Playa de Famara. Im Gegensatz zu den Surfern genießen wir das sehr und legen mal wieder einen Badetag ein. Es weht zwar immer noch die rote Flagge, aber anscheinend wird diese hier überhaupt nicht abgenommen. Wir können sehr weit in das Meer hineingehen und haben immer noch Grund unter den Füßen. Strömung ist nicht die geringste zu spüren und wir sind heute auch nicht die einzigen Badegäste, die die rote Dauerbeflaggung ignorieren.

 

Am 04. 12. schlägt der Wind um und der nun wehende Nordwind bringt wieder reichlich Salzgischt mit sich. Wir müssen ohnehin unsere Vorräte aufstocken und fahren Richtung Puerto del Carmen. Als wir an der Ortschaft Tia vorbeikommen, sehen wir wieder die interessante Siedlung mit den vielen lustigen Kamintürmchen, die uns schon oft aufgefallen ist, wenn wir diese Strecke auf der Autobahn zurückgelegt haben. Spontan machen wir einen Abstecher dorthin.

Es handelt sich um die Wohnsiedlung Los Villarreales. Beim Anblick dieser Häuser mit ihren fließenden Formen und fantasievollen Verzierungen kommen uns Gaudi oder Hundertwasser in den Sinn. Die waren es aber nicht, sondern hier hat Antonio Padrón Barrera seine Architekturträume gegen viele Widerstände auf Lanzarote verwirklicht. Denn diese Wohngebilde lassen einen nicht kalt – entweder man mag sie oder halt nicht.

Ich mag sie, auch wenn uns das Ganze doch etwas zu viel vom „Zuckerbäckerstil“ hat. Die Eingangstür zu der privaten Wohnanlage steht offen. Wir schlüpfen hinein und werden von einem Bewohner freundlich dazu aufgefordert uns in Ruhe umzusehen. Das tun wir gerne und ausgiebig, denn an jeder Ecke sind neue Details zu entdecken.

Antonio Padrón wurde 1946 auf El Hierro geboren. 1982 lernte er César Manrique kennen und wurde sein Schüler. 1985 schuf er die Idee des „Casa de la ilusión“. Der Begriff „Ilusión“hat viele Bedeutungen und kann mit „Freude“, „Hoffnung“, aber auch „Träumerei“ und „Blendwerk“ übersetzt werden. Für diese architektonischen Träumereien musste Antonio Padrón schwer kämpfen und wurde extrem angefeindet, da bis heute Verwaltungsmenschen anscheinend eher destruktive, aber profitorientierte Landschaftszersiedelung zulassen, statt der schöpferischen Fantasie Raum zu geben.

Ich finde diese kleine Siedlung, in der kein Geländer, kein Kamintürmchen dem anderen gleicht mit ihren runden, weichen Formen etwas übertrieben, aber trotzdem sehr ansprechend. Einfach mal eine fantasievolle Abweichung zu „Quadratisch, praktisch, gut?“.

 

Wohl um aufzufallen, wurde die Ausnahmesiedlung direkt an die Autobahn gebaut und die in diese Richtung gewandten Gärtchen sind folglich absolut ungenutzt. Nebenan ist noch ein riesiges Grundstück unbebaut. Das hätte den Bewohnern sicherlich mehr Lebensqualität geboten. Irgendwo ordnen vielleicht auch die fantasievollsten Architekten ihre Ideale praktischeren Überlegungen unter.

Nachdem wir unsere Einkäufe erledigt haben fahren wir zum Montana Bermeja. Dieser rote Vulkan bildet einen farbenprächtigen Kontrast zu seiner Umgebung und insbesondere zu dem schwarzen Playa Montana Bermeja. Zwischen Strand und Vulkan hat sich eine kleine Lagune gebildet, die aber nicht mit einer so interessanten Färbung aufwarten kann wie die nicht weit entfernt liegende Laguna Verde in El Golfo.

Der Wanderweg um den Vulkan endet leider schon nach rd. 500 Metern in militärischem Sperrgebiet und deshalb steuern wir als nächstes die Klippen von Los Hervideros an. Entgegen unserer Erwartungen sind die Wellenbrecher hier – im Gegensatz zur restlichen Küste - nicht besonders stark ausgeprägt und deshalb fahren wir weiter Richtung Playa Blanca.

Die schwarzen Basaltklippen von Los Hervideros. Im Hintergrund der Montana Bermeja.
Die schwarzen Basaltklippen von Los Hervideros. Im Hintergrund der Montana Bermeja.

An der Salinas de Janubio legen wir den nächsten Fotostopp ein auch wenn mir der Wind fast die Kamera aus den Händen reißt. Die Salinen erstrecken sich über ein rd. 45 Hektar großes Gebiet und bis in die 1970er Jahre wurden bis zu 10.000 Tonnen Meersalz pro Jahr gewonnen. Zu einer Zeit wo viele Vorräte zur Konservierung noch eingesalzen wurden, waren die Salinen von großer wirtschaftlicher Bedeutung für Lanzarote. Heute wird nur noch ein Bruchteil der Fläche bewirtschaftet.

In Playa Blanca suchen wir uns einen Parkplatz direkt an der Marina Rubicon. Bei einem kleinen Abendspaziergang durch die Marina fällt uns eine sehr gemütliche Pizzeria direkt am Hafen auf und wir können kurz darauf die beste Pizza genießen, die wir seit langem gegessen haben. Der Markt in der Marina Rubicon am nächsten Tag ist allerdings nicht der Rede wert und besteht aus gerade mal 5 Ständen. Wir machen einen Spaziergang entlang der Küste bis zum Fährhafen. Diese rd. 2,5 km lange Strecke führt an der Playa Dorada vorbei. Der rd. 400 Meter lange Naturstrand wurde mit künstlichen Befestigungen in Form einer Bucht eingefasst und ist dadurch ein sehr geschützer Badestrand.

Playa Dorada

Obwohl das Wetter gut ist und die Playa Dorada von Hotels gesäumt ist, sieht man kaum Besucher am Strand und auf der Promenade. Auch an den Pools und auf den Balkonen der Hotels herrscht gähnende Leere – Auswirkungen der Reisebeschränkungen und -erschwerungen durch Corona, die den Kanaren wirtschaftlich riesige Probleme bereiten. Nicht umsonst schreibt eine lokale Zeitung, dass „demnächst die Bewohner hier zwar sehr gesund, aber wirtschaftlich in einer absolut desolaten Lage sind“.

Kurz darauf kommen wir an den kleinen Stadtstrand der den gleichen Namen trägt wie der Ort – Playa Blanca. Er ist umlagert von Restaurants und Souvenirgeschäften – eine typische Touristenmeile.

 

Am nächsten Tag bleiben wir noch in Playa Blanca an der Marina, da das Wetter sehr bewölkt und wechselhaft ist. Wir gehen entlang der Küste bis zum Hotel Sandos Papagayo, dem letzten Gebäude bevor das Naturschutzgebiet Monumento Natural Los Ajaches mit den bekannten Papagayo-Stränden beginnt.

Das Wetter „erfrischt“ uns immer wieder mit kurzen Regenschauern, die aber kaum Niederschlag bringen und sich mehr wie Sprühnebel anfühlen. Das sorgt immer wieder für Regenbögen, von denen sich einer sehr interessant im Meer spiegelt.

Impressionen aus Playa Blanca

Am 07.12. fahren wir nach Charco de Palo. Dies ist ein kleiner Ort an der Nordostküste, in dem wir vor 2 Jahren auch schon entspannte Badetage verbracht haben. Charco del Palo besitzt als einziger Ort auf Lanzarote seit 1980 eine offizielle FKK-Genehmigung und jeder läuft hier herum wie er gerade möchte.

Die Küste in diesem Bereich Lanzarotes ist von rauen Lavamassen geprägt, die noch genauso scharfkantig und unzugänglich sind wie bei ihrer Entstehung. Sandstrände sucht man also vergeblich, aber es wurden zwei gezeitenabhängige Naturschwimmbecken geschaffen. Außerdem gibt es die Möglichkeit an einer Stelle mit Hilfe von Leitern in das Meer zu gelangen. Das sollte man aber nur bei sehr ruhiger See versuchen.

Charco de Palo - Lavaklippen oder Suchbild mit Ute
Charco de Palo - Lavaklippen oder Suchbild mit Ute

Wir parken auf dem kleinen Parkplatz direkt oberhalb der mit einer Mauer abgetrennten Badestelle, die den Namen „Ententeich“ bekommen hat. Dieses Becken ist ziemlich vom Meer abgeriegelt und es braucht schon stärkeren Seegang um einen Wasseraustausch zu bewirken. Bei den derzeitigen Wetterbedingungen ist das aber locker gegeben, wie man an dem kräftigen Brecher sieht, der gerade über die Mauer kommt, als Thomas seine Runden dreht. Sehr angenehm für uns ist, dass man auf den verschiedenen Ebenen der Anlage immer ein windstilles aber sonniges Plätzchen findet und deshalb auch bei nicht so günstigem Wetter baden kann.

Charco de Palo - der "Ententeich"

Natürlich suchen wir auch wieder die tolle Lavaröhre auf, die wir vor 2 Jahren entdeckt haben. Obwohl wir wissen wo sie ist, laufen wir beim ersten Versuch an ihr vorbei und gehen einige Zeit an der Küste entlang, bevor uns klar wird, dass wir sie verfehlt haben. Auf dem Rückweg werden wir fündig und glücklicherweise hat sich an diesem fantastischen Platz nichts verändert.

Lavaröhre in Charco de Palo - oder Suchbilder mit Menschen drauf..

Wir haben Calima und heftigen Wellengang, aber pötzlich lässt der Wind nach und wir nutzen die Chance mal wieder den Kopter steigen zu lassen. Ich hätte gerne ein Bild der Höhle von der Meerseite aus. Das ist gar nicht so einfach, da die Sonne eher suboptimal steht und die Brandung sehr stark ist. Thomas sieht fast nichts auf seinem Bildschirm und muss höllisch aufpassen, dass der Kopter nicht von der Brandungsgischt erwischt wird.

Bei unseren Spaziergängen auf der Insel stoßen wir immer wieder auf seltsame zwei bis drei Zentimeter große Tönnchen mit einer seitlichen Öffnung. Stellenweise bedecken sie in großen Mengen den Boden. Wir rätseln, um was es sich handel könnte und unsere Recherche ergibt, dass es sich um die versteinerten Brutkammern einzeln lebender Bienen handelt, die inzwischen wohl ausgestorben sind.

Auch den Ort Charco de Palo schauen wir uns bei einigen Rundgängen näher an. Einige der sehr individuell gebauten Häuschen könnten uns schon gefallen. Ein Wohnsitz auf Lanzarote – wir drehen und wenden diesen Gedanken. Er gefällt uns schon, aber irgendwie ist es uns noch zu früh diesbezüglich eine Entscheidung zu treffen.

Impressionen aus Charco de Palo

Am 13.12. treffen wir uns mit Ute und Reinhard in Haria und bummeln über den Markt. Ich decke mich bei dem Gemüsestand wieder mit frischem Grünzeug von der Insel ein. Das Basilikum duftet fantastisch und als ich es später zu Pesto verarbeite riecht der Sprinter wie eine Kräutermanufaktur. Auch der Spinat den ich hier kaufe ist anders als gewohnt. Die Blätter sind sehr groß und dickfleischig. Zubereitet ist er aber super zart und lecker. Anschließend gehen wir in die Markthalle zum Mittagessen. Hier gibt es lokale Spezialitäten und die Bestellung wird im Eiltempo aufgenommen. Gut, dass wir Ute als Dolmetscherin dabeihaben.

 

Ich finde auch noch ein paar Drachenfrüchte, die hier Pitaya genannt werden. Vor ein paar Wochen gab es sie noch überall zu kaufen und in fast jedem Garten konnten wir eine dieser ursprünglich aus Südamerika stammenden Pflanzen mit Früchten entdecken. Jetzt ist aber die Saison wohl vorbei, was wir sehr schade finden, da wir an den Pitaya´s Geschmack gefunden haben. Drachenfrüchte wachsen an rankenden Kakteen der Art Hylocereus. Die Früchte haben eine krass pinkfarbene Schale. Anfangs konnten wir kaum glauben, dass es sich um eine natürliche Färbung handelt – so intensiv ist das Pink. Die Pitaya wird einfach in der Mitte durchgeschnitten und dann löffelt man das Fruchtfleisch zusammen mit den winzigen schwarzen Kernen heraus. Das Fruchtfleisch ist entweder weiß (Hylocereus undatus) oder pink (Hylocereus monocanthus). Der Geschmack liegt irgendwo zwischen Wassermelone und Kiwi. Wir finden ihn recht erfrischend und das pinke Fruchtfleisch schmeckt besonders intensiv. Leider kann man das der Frucht von außen nicht ansehen.

Wir halten es frei nach Helge Scheider : Sommer (na ja), Sonne (jep), Kaktus (lecker!) ... blauer Himmel, gute Laune ... never, never go to work, lieber Holiday ... Ja, das is the way ... No more come nach Haus (na ja -irgendwann mal wieder) ... Sommer, Sonne Kaktus!

Danke liebe Conny für diesen Ohrwurm - was haben wir gelacht!

Sorry - aber schon wieder Kaktus! Diesmal als spezieller Weihnachtskaktus der landestypischen Art. Nicht zum Essen sondern Weihnachtsdeko in Teguise.

 

Dort suchen wir wieder unseren Platz am Ayuntamiento auf und starten am nächsten Morgen zum Marktbesuch. Der Markt in Teguise ist deutlich größer als der in Haria, aber im Gegensatz zu dort gibt hier viele Stände mit touristischer Massenware. Auf jeden Fall ist er deutlich kleiner als vor zwei Jahren – halt auch der Coronasituation und der damit verbundenen wirtschaftlichen Lage geschuldet. Trotzdem macht es immer wieder Spass durch die Straßen der Altstadt zu schlendern, die kleinen Läden anzuschauen und lecker Tapas zu essen.

Auch der Himmel über Lanzarote hat Besonderes zu bieten.

Am 14.12. besuchen wir Günni auf seinem fantastischen Anwesen in der weiten, sandigen Halbwüste „El Jable“. Hinter seinem Grundstück kommt nur noch Naturschutzgebiet und der Ausblick auf Famara Beach und Massiv ist absolut grandios. Er gibt uns den Tipp, zu einer nur noch knapp zur Hälfte erhaltenen Corona zwischen Soo und Tinajo zu fahren. Kurz hinter Soo geht es nur noch auf Pisten weiter, die durch mehr oder weniger intensiv bewirtschaftete kleine Felder führen. Die Piste – auch Lugar El Cuchillo genannt – führt am Fuß des Bergrückens entlang und geht dann in den Camino Dorotea über, der uns oben auf die rd. 150 Meter höher gelegene Abbruchkante führt. Die Aussicht auf die Caldera Tradera mit dem Örtchen Soo und die Küste mit der vorgelagerten kleinen Halbinsel La Isleta ist die holperige Anfahrt wert.

Hier oben treffen wir auf eine Gruppe Drachenflieger, die sich auf den Start vorbereiten. Der zur Küstenseite steil abfallende Bergrücken ist für sie ein idealer Startplatz und wir schauen ihnen interessiert zu. So hautnah haben wir den Start eines Drachenfliegers noch nicht erlebt. Es ist auch interessant die Flieger vor dem Hintergrund des Berges zu sehen. Klein wie eine Schwalbe wirken sie und zeigen so die Dimension des großen Bergrückens.

Am späten Nachmittag fahren wir nach Caleta de Caballo. Hier ist es sehr, sehr einsam und wir haben einen netten Ausblick auf La Graciosa und die dahinter gelegenen Felseninseln Montana Clara und Alegranza. Laut MapsMe befinden wir uns an der Playa Mejias. Davon ist aber nicht viel zu sehen, da die ganze Küstenlinie felsig ist und baden hier nur unter erschwerten Bedingungen – wenn überhaupt – möglich ist.

Lanzarote, Caleta de Caballo, Meer, Vulkane

Ein lang gezogenes melodischen Flöten verrät mir, dass sich ganz in der Nähe ein Regenbrachvogel aufhalten muss. Dieser hellbraune, ca. 40 cm große Vogel mit dem auffällig gebogenen, langen Schnabel ist vor der dunklen Lava nicht zu übersehen und ich kann einige schöne Fotostudien machen. Der Regenbrachvogel ist ein Gast aus den Tundren Sibiriens, der den Winter regelmäßig auf den Kanarischen Inseln verbringt. Wir können ihn gut verstehen!

Das Wetter meint es immer noch nicht gut mit uns – dafür aber umso mehr mit der Flora der Insel. Durch die häufigen Regenfälle der letzten Tage beginnt es überall zu sprießen und zu grünen. Aber je grüner die Insel wird, desto heller werden wir. Uns fehlt einfach die Sonne! Deshalb steuern wir wieder Charco de Palo an. Diesmal stellen wir uns auf einen Platz an dem zweiten Naturschwimmbecken. Dieses ist natürlicher angelegt und erfährt durch die Gezeiten zweimal täglich fast einen kompletten Wasseraustausch. Es ist faszinierend, welch unterschiedlichen Eindruck das Naturbecken je nach Gezeitenstand hinterlässt. Bei Flut ein paradiesisches Becken in Smaragdtönen, dass sich je nach Wellengang auch schon mal in einen natürlichen Whirlpool mit Gegenstromanlage verwandelt. Sieht man das Becken dagegen bei Ebbe, hat man das Gefühl, jemand hat den Stöpsel aus der Wanne gezogen.

Der zweite Naturpool in Charco de Palo. Warum wir ihn "Fischteich" nennen, erschließt sich bei der Betrachtung der Bilder "Die Schönen und die Biester – Leben im Gezeitentümpel".
Der zweite Naturpool in Charco de Palo. Warum wir ihn "Fischteich" nennen, erschließt sich bei der Betrachtung der Bilder "Die Schönen und die Biester – Leben im Gezeitentümpel".

Aber genau dieser „Stöpsel aus der Wanne“ Effekt macht interessante Entdeckungen möglich. Bei dem verbleibenden Restbecken handelt es sich ja um ein Gezeitenbecken – nur halt deutlich größer als die vorgelagerten kleinen Becken, die dagegen mehr oder weniger Pfützen sind.

Fauna und Flora im Gezeitenbecken

Madeira Grundeln, Bodenfische, Gezeitentümpel, Kanarische Inseln

Nach der überwältigenden Menge seiner schuppigen Bewohner erhält dieser Naturpool von uns den Namen „Fischteich“. Bei Gezeitentiefstand trennt ein von der Strömung aufgehäufter Kiesstreifen die verbliebene Wassermenge in zwei Becken. Eines mit hellsandigem Grund und ein zweites, deutlich Größeres mit hauptsächlich schwarzem Steingrund. Auf beiden Seiten herrscht reges Leben. Die Bewohner, die mir sofort ins Auge fallen sind jede Menge Madeira-Grundeln (Mauligobius maderensis). Diese bis ca. 17 cm groß werdenden Bodenfische kommen hier in zwei Farbvarianten vor. Eine dunkle Art mit weißen Streifen und Punkten. Sie bevölkert den schwarzkiesigen Teil des Pools und eine hellbeige Art mit weißen Punkten. Nicht weiter überraschend finde ich diese auf dem sandigen Teil. Ich vermute, dass sie die Farbe dem Untergrund anpassen können, aber sicher bin ich mir nicht.  

Madeira Grundeln, Fische auf Füßen, Fischspa

Die Grundeln werden wohl öfters gefüttert und sind absolut nicht scheu. Normalerweise verschwindet diese Art sobald sie auch nur die kleinste Bewegung außerhalb des Wasser wahrnimmt in Felsspalten oder unter Felsüberhängen. Das ist sehr verständlich, da bei Ebbe Reiher gerne die kleinen Gezeitenbecken kontrollieren. Hier passiert das genaue Gegenteil. Ich gehe über den schmalen, erhöhten Kiesstreifen und die Grundeln kommen von allen Seiten herbei gesaust. Als ich mich an den Rand setze und meine Füße in das Wasser halte sieht das aus wie im Fischspa. Allerdings knabbern sie nur ganz kurz mal an einem Zeh und warten dann dicht gedrängt, ob nicht etwas Besseres von oben kommt. Sobald ich ein kleines Steinchen ins Wasser werfe, kommen sofort neue Scharen von Grundeln um nachzusehen ob es nicht etwas Nahrhaftes gibt.

Madeira Grundeln, Gezeitenpool, Gezeitenbecken, Kanarische Inseln, Fische

Auf der sandigen Fläche sind die Grundeln besser zu erkennen und in dem flachen, absolut klaren Wasser sehe ich sie genauer als mit Taucherbrille. Am nächsten Tag bringe ich etwas Brot mit und kaum dass ich es ins Wasser halte, bricht ziemliche Hektik aus. Nachdem der erste Ansturm vorbei ist und die Wasseroberfläche wieder ruhig wird, nutze ich die Gelegenheit zu einer Fotosession.

Schleimfisch, Kanarische Inseln, Fisch, Gezeitenbecken

Bei genauem Hinsehen, stelle ich fest, dass hier nicht nur Grundeln leben sondern auch die langgestreckteren Schleimfische (Parablennius parvicornis). Auch sie kommen zur Futterquelle, sind aber zurückhaltender als die Grundeln. An einem Tag entdecke ich sogar einige Meerpfauen (Thalassoma pavo), die buntschillernd Farbe in das „Naturaquarium“ bringen.

Lanzarote - Fische im Gezeitenbecken

Je länger ich das Gezeitenbecken beobachte und mich dabei vor allem ruhig verhalte, um so mehr Arten entdecke ich. Eine dieser Arten wird sehr leicht übersehen, da sie fast durchsichtig ist. Dafür macht sie aber – trotz ihrer winzigen Scheren – mit deutlich spürbarem Zwicken auf sich aufmerksam. Meine Füße könnten ja auch eine schmackhafte Erweiterung ihres Speiseplans sein. Die Rede ist von der bis ca. 4 cm großen Felsengarnele (Palaemon elegans).

Lanzarote - Felsengarnelen

Warzenkrabbe (Eriphia verrucosa), Madeira Grundel, Gezeitentümpel

Viel schwerer zu beobachten sind die verschiedenen Krabbenarten. Sie sind sehr scheu, da sie von Möwen und Co gerne verspeist und von Anglern mit Vorliebe als Köder benutzt werden. Eine große Warzenkrabbe (Eriphia verrucosa) wohnt in einer Felsnische und fühlt sich von den von mir angelockten Fischen genervt. Mit ihren eindrucksvollen Scheren verschafft sie sich Platz und weidet dann ungestört den Algenteppich ab. An den Felsen oberhalb der Wasserlinie sind Krabben mit extrem flachem Körper zu erkennen. Es handelt sich um die Rote Felsenkrabbe (Grapsus adscensionis). Junge Tiere sind schwarz mit hellen Punkten. Mit zunehmendem Alter enthält die Färbung immer mehr Rotanteile. Von Daumennagel- bis Handtellergröße ist alles vertreten. Hier wird diese Krabe auch "Rennkrabbe" genannt. Ihr Name erschließt sich einem sofort, wenn man sich bewegt. Sobald die Krabbe sich beobachtet fühlt ist sie blitzschnell in einem Unterschlupf verschwunden.

Lanzarote - Krabben

Deutlich einfacher zu beobachten, da unbeweglich, sind die vielen Kreiselschnecken, die sich in schattigen Felsspalten bis zur nächsten Flut zusammendrängen. In den kleineren Gezeitenbecken zwischen Pool und offenem Meer sind auch verschiedene Blumentiere wie die Wachsrose (Anemonia sulcata) zu sehen. Ich finde sowohl einfarbige Exemplare als auch welche, deren Tentakelspitzen leicht lila gefärbt sind. Oft ist nur die Tentakelkrone zu sehen, aber auf einem der Bilder sind auch die zylindrischen Füße bzw. Körper gut zu erkennen. Die Anemonen ernähren sich von allem, was unvorsichtigerweise zwischen ihren Tentakeln landet und sich nicht schnell genug aus eigener Kraft befreien kann. Da eine Berührung zu Hautrötung, Brennen und je nach Empfindlichkeit sogar auch Narbenbildung führen kann, sollte man von dieser Spezies seine Finger lassen.

An den wellenumtosten Felsen sind einige wenige große Napfschnecken zu finden. Sie besitzen ein schalenförmiges Gehäuse, das flach auf dem Boden aufliegt, halten sich mit ihrem kräftigen Fuß am Felsen fest und ernähren sich von Algen. Hier werden sie „Lapas“ genannt und gelten als Delikatesse. Ebenfalls in den kleinen Außenbecken entdecke ich eine Seegurke (auch Forskals Seewalze, Holothuria forskali) die tatenlos herumliegt und einige Seeigel.

Die meist gar nicht als Tier wahrgenommene Seepocke (Chthamalus stellatus) gehört zu den Krebsen. Sie wird etwa ein bis zwei cm groß und überzieht die Felsen in der Gezeitenzone zu Tausenden. Damit bilden diese Tiere in ihrer Gesamtheit meist einen hellen Streifen, der die Obergrenze der Gezeitenzone markiert. Aufgrund dieser Beobachtung ist es immer möglich zu sagen, ob gerade Ebbe oder Flut ist und wie hoch das Wasser bei Flut in etwas stehen wird.

Viel Spaß macht mir auch die Beobachtung der vielen Einsiedlerkrebse (Clibanarius erythropus), die ausschließlich in den kleinen Gezeitenbecken zwischen „Fischteich“ und Meer leben. Einsiedlerkrebse haben einen leicht gekrümmten Hinterleib mit stark verkürzten Beinen, mit dem sie sich an die gewundenen Schneckengehäuse anpassen. Die vorderen Beine sind dagegen lang, um das Schneckenhaus über den Boden bewegen zu können. Wächst der Krebs, muss er sich ein größeres, freies Schneckenhaus suchen. Die kleinen Krabbler sind in den spitzkegeligen Häusern der Kegelschnecken unterwegs. Die Größeren bewohnen anscheinend lieber die länglichen Häuser der Leistenschnecken.

Einsiedlerkrebs Kanarische Inseln

Liebe Muschelsammler – bitte aufpassen! Wenn der kleine Krebs gestört wird, zieht er sich vollständig in das Schneckenhaus zurück. Man sieht gar nichts mehr von ihm. Auch mir ist es schon passiert, dass ich vermeintlich leere Schneckenhäuser gesammelt habe, die später einen sehr unschönen Geruch verbreiteten, da die kleinen Bewohner an Land nicht lange überleben konnten. Auch wenn diese Gehäuse auf dem Trockenen gefunden werden, hat das nichts zu sagen. Die Krebse warten einfach auf die Flut.

Da von dem Krebs unter dem Schneckenhaus nicht viel zu sehen ist, sammel ich ein paar auf dem Land liegende „leere“ Schneckenhäuser und lege sie mit der Öffnung nach oben in einen der flachen Gezeitentümpel. Je nach Risikobewußtsein der Bewohner dauert es ein paar Sekunden bis vielleicht 1-2 Minuten, bis sie herausschauen und innerhalb von Sekunden ihre Häuser wieder in die richtige Lage ziehen. Wenn die Krebslein so aus ihren Behausungen schauen, kann man gut die kleinen Stilaugen mit den vielen weissen Punkten und die beiden Scheren sehen.

Lanzarote - Einsiedlerkrebse

Gezeitenpool, Gezeitenbecken, Lanzarote

Bei absolutem Niedrigwasser lassen sich auch die dem Naturpool vorgelagerten kleinen Gezeitenbecken gut beobachten. Sie weisen ein deutlich anderes Biotop auf. Besonders auffällig ist die reichhaltige Unterwasserflora. Außerdem sind eine Menge Seeigel zu finden, die sich tagsüber in Gesteinsspalten verstecken oder mit Muschelschalen oder Steinchen bedecken. Diese werden von den Seeigeln aktiv festgehalten und dienen wohl der Tarnung. Bei den hier lebenden Exemplaren handelt es sich um den " Schwarzen Seeigel" (Arbacia lixula). Sein Körper hat die Form einer Halbkugel und die kräftigen Stacheln haben alle ungefähr die gleiche Länge. Kürzere, sekundäre Stachel sind nicht vorhanden, so dass er gut von anderen Arten zu unterscheiden ist.

Auch bei einem Restaurantbesuch in Charco de Palo kann die heimische Tierwelt studiert werden. Während wir mit Beate und Thomas noch auf unser Menü warten, verspeist ein kleiner Mauergecko einen dicken Nachtfalter. Irgendwie sieht das nach einem Fall von „die Augen sind größer als der Mund“ aus, aber er hat es geschafft. Kurz darauf taucht noch ein weiteres, deutlich größeres Exemplar des Kanarischen Mauergeckos auf. Leider habe ich die Kamera nicht dabei – immer ein Fehler - und mache die Bilder mit dem Handy. Zum Glück für mich sind die kleinen Krabbler an Menschen gewöhnt und ich mache die Fotos nur mit ca. 5 cm Abstand. Der Kanarische Mauergecko (Tarentola angustimentalis) ist auf Lanzarote, Fuerteventura und den ihnen vorgelagerten Inseln endemisch und kann bis 16 cm groß werden.

In den Steinwällen der "Strandburgen", die den Naturpool umgeben leben etliche Exemplare der Ostkanareneidechse (Gallotia atlantica subsp. atlantica). Diese Unterart kommt auf Lanzarote sowie auf den Lanzarote umgebenden Inseln La Graciosa, Montana Clara, Alegranza und Roque del Este vor. Die Eidechsenpopulation am "Fischteich" ist recht zutraulich und hat gelernt, dass die Menschen öfters etwas dabeihaben, was ihren Speiseplan bereichern kann. Von unserem Aufenthalt vor zwei Jahren auf Teneriffa, weiß ich, dass leicht überreife Bananen bei den Echsen sehr begehrt sind. Aber auch Tomatenstücke oder saftige Birnen werden gerne genommen.

Eidechsen auf Lanzarote