01.02. - 17.02. Griechenland/Kreta

Sonnenuntergang, Berge, Meer

Auch die ersten Februartage verbringen wir noch an unserem schönen Platz in Tertsa.

 

Da uns die Neugier nicht loslässt, ob wir in Myrtos seinerzeit nicht doch die Straßensperrung hätten umfahren können, machen wir eine Radtour nach Myrtos. Die Strecke dorthin führt uns wieder am Fuß der hohen Steilwände entlang. Es ist wirklich gewaltig, wie ausgewaschen diese hohen Felswände und wie brüchig das Gestein ist. In Myrtos angelangt sehen wir, dass die Ursache der immer noch bestehenden Sperrung Straßenpflasterarbeiten sind. Hier hätte es kein Durchkommen für uns gegeben. Wir radeln noch etwas in dem hübschen, aber derzeit recht verlassen wirkenden, Ort herum und machen uns dann auf den Rückweg.

Am 03.02. fahren wir in das nur wenige Kilometer entfernt liegende Sidonia. Der Ort ist wesentlich größer und lebhafter als Tertsa und wir finden einen Stellplatz am Ortsrand in der Nähe des großen „Zebrafelsens“. Leider wird es immer windiger und der Wetterbericht kündigt einen massiven Temperatursturz von um die 10 Grad an. Bei dem Wetter am Meer stehen, sich durchschaukeln und einsalzen lassen ist nicht unser Ding und deshalb fahren wir zwischen Asterousia Gebirge und Messara Ebene zum Palast von Phaistos. Doch aus einer Besichtigung wird heute nichts mehr, denn man macht uns das Tor vor der Nase zu. Für heute ist geschlossen und das obwohl erst 15.00 Uhr ist. Morgen haben wir eine neue Chance.

Nach einer ruhigen Nacht auf dem großen Parkplatz mit weitem Blick über die Messara Ebene machen wir einen erneuten Anlauf die alten Steine aus der Nähe zu besichtigen. Aber wir tun uns schwer damit, dass was wir sehen einzuordnen und das, obwohl wir uns vorher im Internet klug gemacht haben. Überall stehen Schilder mit Grundrissen der Palastanlage und ein paar erklärenden Worten. Das hilft uns aber auch nicht allzu viel weiter, da Ausrichtung der Schilder und Ausrichtung der Grundmauern meist nicht übereinstimmen und zudem auch noch Grundmauern aus verschiedenen Zeitepochen nebeneinander liegen. Und die Fachwelt ist sich bei vielem was sie hier zutage gefördert hat auch nicht wirklich sicher. Nun ja – zumindest geduldet sich der Regen und wartet bis wir unseren Rundgang beendet haben.

Anschließend fahren wir zum nahegelegenen Matala um die Schlechtwetterfront an geschützter Stelle auszusitzen. Mit der geschützten Stelle ist es nicht so einfach, da die Zufahrt zum Campingplatz jetzt abgesperrt ist und auf dem Strandparkplatz ist es uns zu windig und zu salzig. Deshalb verkrümeln wir uns in eine abgelegene Seitenstraße wo wir in Ruhe das Wetter aussitzen und neue Pläne für die nächsten Touren machen können.

Am 07.02. fahren wir zurück in die Messara Ebene. Die dahinter liegenden Berggipfel im Landesinneren – vor zwei Tagen noch schneefrei – sind mittlerweile winterlich weiß. Glücklicherweise gilt das nicht für das Asterousia Gebirge und so fahren wir auf guter Straße bis nach Lentas.

Meer, Häuser, Kreta, Lentas

Dort halten wir an einem Parkplatz am Ortseingang und das erweist sich als eine gute Idee, da Lentas extrem verschachtelt und eng bebaut ist. Da ist es doch wesentlich entspannter zu Fuß durch die Gassen zu wandern. Die Häuser sind hübsch und im Sommer ist hier bestimmt viel los. Nur momentan liegt das Dorf im Dornröschenschlaf.

Wir haben von der nahegelegenen Tripiti Schlucht gehört und atemberaubende Bilder von Fahrzeugen gesehen, die diesen extrem schmalen Canyon durchfahren. Das wäre ein Erlebnis nach unserem Sinn. Der Einstieg in die Piste zur Tripiti Schlucht liegt bei dem Dorf Vasiliki. Allerdings haben wir keine Lust wieder die ganze Strecke bis zur Messara Ebene zurückzufahren und nehmen eine Abkürzung über eine Piste, die in dem Dorf Krotos abzweigt. Die Dorfdurchfahrt ist eng aber machbar und die anschließende Piste etwas wellblechig aber ansonsten recht gut. Nach rd. 5,5 km erreichen wir die Piste Richtung Tripiti Schlucht und folgen dieser bis zu einem herrlichen Aussichtspunkt direkt gegenüber der mächtigen Steilwand im oberen, wildgebirgigen Teil der Schlucht. Hier wurde sogar ein kleiner Rastplatz eingerichtet und wir finden, dass das ein toller Platz für die Nacht ist, da wir hier niemandem im Wege stehen.

Berge, Wohnmobil, Kreta

Eigentlich wollen wir nur einen kleinen Spaziergang entlang der Piste unternehmen um noch etwas Bewegung zu bekommen, aber dann hält ein ein kontaktfreudiger Grieche mit seinem PKW neben uns. Die Verständigung ist nicht ganz einfach, aber wir verstehen zumindest, dass wir einsteigen sollen um auf einen Kaffee mitzukommen. Warum nicht – und schon geht es flott über die immer schlechter werdende Piste in Serpentinen bergab.

Unten am Beginn der Kurvenstrecke angekommen biegt unser Gastgeber ab und nach ein paar Metern kommen wir zu seiner Taverne, die derzeit allerdings geschlossen ist. Zwei freilaufende junge Hunde und mehrere Katzen, die sich im Übrigen untereinander blendend verstehen, begrüßen uns freudig und bekommen von Agesilaos erst einmal Futter. Dann werden wir mit griechischem Kaffee bewirtet und anschließend geht es zum Hühnerfüttern. Für unser Frühstück bekommen wir sechs Eier in die Hand gedrückt – frisch aus dem Nest und Thomas verstaut sie mit etwas unsicherem Blick in seinen Jackentaschen. Jetzt nur keine falschen Bewegungen. Dann bekommen wir eine Tüte in die Hand gedrückt und ab geht es in den Obstgarten. Wir sollen pflücken soviel wir wollen. Es ist mehr als genug vorhanden. Kumquat, Orangen und verschiedene Arten von Zitronen. Die Orangen sind so reif, dass sie uns fast von allein in die Hände fallen und die dicken Riesenzitronen habe ich noch nie gesehen. Egal – ab in die Tüte damit. Zurück an der Taverne werden wir noch mit selbstgebackenem Brot, Olivenöl und Oliven – selbstverständlich von den eigenen Bäumen - und Raki bewirtet. Sehr lecker! Leider hat Agesilaos keine guten Nachrichten für uns, was den Tripiti Canyon angeht. Dieser führt dieses Jahr viel Wasser und ein Durchkommen für Autos gibt es erst wieder ab Mai, wenn ein Radlader die dann trockene Schlucht freigeräumt hat. Hm – das hatten wir uns anders vorgestellt!

Nachdem Agesilaos die Tiere gefüttert, Obst geerntet und seine Gäste versorgt hat, fährt er wieder zurück nach Vasiliki wo er im Winter wohnt. Da er von uns für die Bewirtung und die Naturalien kein Geld annehmen möchte, bedanken wir uns ebenfalls mit Naturalien, als er uns am Sprinter absetzt.

Während wir noch darüber nachgrübeln, ob wir es nicht doch vielleicht durch den Canyon schaffen könnten, halten noch zwei weitere PickUp's neben uns und erkundigen sich nach unserem Wohlbefinden. Und obwohl auch hier die Verständigung schwer fällt ist die Aussage klar. Derzeit kein Durchkommen im Tripiti Canyon!

Tripiti Schlucht, Canyon

Am nächsten Morgen wollen wir es dann doch wissen. Wäre auch irgendwie blöd jetzt einfach umzukehren. Allerdings verschaffen wir nicht dem Sprinter sondern uns Bewegung und machen uns bei strahlendem Sonnenschein auf den Weg bergabwärts.

 

Nach rd. 4,5 km durch eine wunderschöne, wilde Landschaft und unter den Augen der erwartungsvoll kreisenden Gänsegeier, erreichen wir den Eingang zum unteren Teil der Tripiti Schlucht. Dieser extrem schmale Teil wird auch Steno Faragi genannt und auf den ersten Blick erscheint es völlig abwegig, dass dort ein Auto durchpasst.

 

Als wir etwas in die Schlucht hineingehen, sehen wir, dass es durchaus passen würde.

Schlucht, Canyon, Tripiti, Kreta

Außerdem haben wir auch schon ein Bild gesehen, auf dem ein Reisemobil-LKW durch die Schlucht fährt. Das wäre also nicht das Problem, aber die Einschätzung der Einheimischen ist absolut richtig. Das Wasser des Bergbaches hat Kies, Lehm und Geröll in die Schlucht verfrachtet. Außerdem liegen noch größere Brocken herum, die wohl eher von oben gekommen sind. Jetzt haben wir es mit eigenen Augen gesehen und können uns beruhigt auf den Rückweg machen. Leider geht es nun nur noch bergauf. Beobachtet von den allgegenwärtigen Ziegen wandern wir durch den Wald des heiligen Savas, einen Hain aus Olivenbäumen, die nicht züchterisch verändert und nicht kultiviert wurden, bis wir das Kirchlein Saint Savas erreicht haben. Danach beginnt die Serpentinenstrecke und als wir den Sprinter erreichen, haben wir den sportlichen Teil für heute erfüllt.

Unser nächstes Ziel ist die Kourtaliotis Schlucht, die wir bereits einmal bei heftigem Regenwetter durchfahren sind und die wir uns noch einmal in Ruhe anschauen möchten. Leider wird das Wetter je weiter wir nach Westen kommen immer schlechter. Kurz vor Spili fängt es an zu regnen und die Berglandschaft durch die wir fahren weckt Erinnerungen an unsere Norwegentour. Bei solch einem Wetter brauchen wir die Kourtaliotis (auch Kourtaliotiko) Schlucht nicht noch einmal und deshalb beenden wir die heutige Strecke auf dem großen Parkplatz in Spili.

Am Morgen wecken uns Kirchenglocken und laute kirchliche Gesänge. Es ist bewölkt aber trocken und wir machen uns auf den Weg zur Kourtaliotis Schlucht. Kurz hinter dem Dorf Frati eröffnet sich der erste Blick auf den Beginn der rd. 2,7 km langen Schlucht und einen kleinen Abschnitt der hindurchführenden Straße.

Kourtaliotis Schlucht, Straße, Berge

Die Fahrt durch die Schlucht ist sehr beeindruckend, aber wir möchten sie auch noch zu Fuß kennenlernen. Deshalb halten wir auf dem kleinen Parkplatz kurz bevor die Straße die Schlucht verlässt. Von hier gehen wir ca. 100 Meter in unserer Fahrtrichtung zurück zu einem kleinen Steinbogentor. Dort beginnt ein gut gepflegter Treppenweg, der hinab zur Schlucht führt. Wir halten uns an die linke Wegverzweigung und kurz darauf sehen wir die an den Fels gebaute Kirche Agios Nikolaos o Kourtaliotis. An ihr vorbei führt ein Weg zu den Wasserfällen bzw. zu einem Quellgebiet, ab dem der Gebirgsbach den Namen Megalopotamos (Großer Fluss) trägt. Ab dieser Stelle bis zur Mündung am Strand von Preveli führt der Megalopotamos ganzjährig Wasser und zählt damit zu einem der zehn bis zum Meer ständig wasserführenden Fließgewässer auf Kreta.

Wasser, Schlucht, Kourtaliotis

Von dem tollen Schluchtenpanorama abgesehen, sieht das Quellgebiet auf den ersten Blick nicht besonders spektakulär aus. Aus mehreren Spalten an der gegenüberliegenden Felswand strömt Wasser und verschwindet rauschend in einer schmalen, tiefen Klamm.

 

Direkt von oben betrachtet sieht das Ganze schon viel interessanter aus und von einer kleinen Steinbrücke bieten sich weitere Einblicke.

Diese sind so interessant, dass ich eine Klettertour an den Rand der Felsspalte mache. Hier sind Haken von Sportkletterern im Fels verankert und ich halte mich an ihnen fest um ganz bis zum Rand vorzustoßen. Mit etwas zittrigen Knien erreiche ich kurz darauf wieder den Weg, aber es hat sich gelohnt finde ich.

Unser nächstes Ziel liegt nur rd. 6 km entfernt – der Palmenstrand von Preveli, an dem der Megalopotamos das Lybische Meer erreicht. Der Weg dorthin führt uns an den Ruinen des alten Klosters Kato Preveli vorbei. Leider ist eine Besichtigung nicht möglich - die Tore sind geschlossen und die Schilder für Besucher verhangen.

Die Ruinen des alten Klosters Kato Preveli. Links im Hintergrund die Kourtaloitis Schlucht.
Die Ruinen des alten Klosters Kato Preveli. Links im Hintergrund die Kourtaloitis Schlucht.

Kurz darauf erreichen wir den großen Parkplatz auf den hohen Klippen an der Westseite des Strandes. Ich mache eine kleine Erkundungstour Richtung Schluchtkante, die schnell zu einer Klettertour wird. Aber von hier besteht die Möglichkeit mit etwas Kletterei so nah an die Abbruchkante heranzukommen, dass sich eine herrliche Aussicht auf den Strand und den gesamten Verlauf des unteren bzw. südlichen Endpunktes der Kourtaliotis Schlucht bietet.

In den letzten rd. 300 Metern vor seiner Mündung wird der Megalopotamos durch Sandanschwemmungen von der Meerseite her aufgestaut und erweitert sich so zu einem lagunghaften, flussartigen See. An seinen Ufern hat sich eine üppige Kolonie Theophrastus Palmen (Phoenix theophrasti) angesiedelt, die dem gesamten Tal ein afrikanisches Flair verleiht. Das die Bezeichnung „Palmenstrand Preveli“ eigentlich nicht ganz richtig ist, sehen wir als wir uns am nächsten Tag auf den Weg hinab zum Strand machen. Es sind knapp über 500 Stufen – beim Aufstieg hab ich mitgezählt – die den steilen Hang hinunterführen. Unten angekommen sehen wir einen Strand und ganz viele Tamarisken. Diese verdecken fast die dahinter an den Ufern des langgestreckten Sees wachsenden Palmen. Von Palmen am Strand – so wie in Vai – kann hier keine Rede sein.

Preveli, Palmen, Strand

Von diesen müßigen Gedanken werden wir aber ganz schnell abgelenkt, als sich uns der Chef des Strandes – ein strahlend weißer Ganter - erbost zischend in den Weg stellt. Ich gehe in die Hocke um aus dieser Perspektive ein interessantes Bild der Gänsebande zu machen und das macht ihnen Mut. Zügig sehe ich zu wieder auf die Beine zu kommen und der Angriff wird für's erste abgeblasen. Ja aber wo sind denn jetzt die Palmen? Hinter den Tamarisken verweist ein Holzschild auf den Eingang zu dem auf der Westseite verlaufenden Weg durch den Palmenhain. Der Weg ist von üppigen Palmen eingerahmt und wenn wir es nicht gelesen hätten, kämen wir gar nicht auf den Gedanken, dass hier vor knapp 10 Jahren ein Waldbrand nur verkohlte Stümpfe hinterlassen hat. Wegen dem dichten Schilfgürtel gibt es leider nur wenige Stellen, an denen man direkt an den See gelangen kann und die Ausblicke auf das andere Ufer ermöglichen.

Palmen, Fluss, Preveli, Megalopotamos

Als wir zum Strand zurückkehren werden wir schon erwartet und beim Durchwaten des eiskalten Flussbettes nicht aus den Gänseaugen gelassen. Da es keine Brücke gibt, führt aber kein Weg an dem eiskalten Bad vorbei, wenn man auf die andere Seite des Strandes gelangen möchte. Das Wasser reicht uns bis fast an den Schritt und als wir auf der anderen Seite ankommen, beschließen wir, dass wir jetzt auch ganz ins Meer springen können. Das kommt uns nach der Flussdurchquerung – jedenfalls kurzfristig - richtig warm vor. Nach einer kurzen Erkundung des Geländes stellen wir fest, das es nur auf der westlichen Seite eine richtigen Weg gibt. Dem Trampelpfad auf der Ostseite folgen wir nur ein kurzes Stück.

 

Dann ist relaxen angesagt. So sonnig und windstill hatten wir es schon lange nicht mehr und wir nutzen die Gelegenheit zu einem ausgedehnten Sonnenbad. Auch die Gänsebande gibt sich friedlich und liegt nicht weit von uns entfernt schlafend am Strand. Das geht so lange gut, bis der Gänserich meint, dass er die Chance doch nutzen sollte, diesen platten Wesen im Sand mal zu zeigen wer hier das Sagen hat. Verflixter Weihnachtsbraten – schnell bin ich wieder auf den Füßen und greife mir ein herumliegendes Stück Schilfrohr. Allein die Geste überzeugt ihn und er laut zischend zieht es vor, mit seinen Damen erst mal baden zu gehen.

Wir waten wieder durch den Fluss und dann nehmen wir den Aufstieg zum Sprinter in Angriff. Einfacher ist es übrigens den Preveli Strand über die Klippen der Ostseite vom Strand Drimiskiano Ammoudi her zu erreichen. Allerdings ist die Zufahrt dorthin etwas umständlicher und man hat auch nicht die tolle Aussicht von den hohen Klippen der Westseite.

Am 11.02. fahren wir weiter und machen einen kurzen Ausflug durch den Kotsifou Canyon. Dieser kann mit dem Auto durchfahren werden und bietet eine ganz interessante Engstelle. Mit dem spektakulären Panorama der Kourtaliotis Schlucht kann er aber nicht mithalten.

Anschließend fahren wir weiter nach Frangokastello. Schon von Weitem können wir in der flachen Ebene die Überreste des venezianische Kastells aus dem 14. Jahrhundert sehen. Mit seinen Zinnen und hohen Wachtürmen macht es nach außen einen recht gut erhaltenen Eindruck. Im Inneren der Burg sieht das anders aus. Dort sind nur noch Reste der Grundmauern und ein paar Bogengänge erhalten. Allerdings laufen gerade von der EU mit knapp einer Million geförderte Renovierungsmaßnahmen und die Arbeiter sind so freundlich uns eine Innenbesichtigung des Kastells machen zu lassen.

Frangokastello, Burg

Noch hängen die bis zu 2300 Meter hohen Gebirgsgipfel in den Wolken, aber für morgen ist gutes Wetter angesagt. Bei der Fahrt durch das Dorf Komitades kommen wir am Ausgang der Imbros Schlucht vorbei und sehen, dass sie kein Wasser führt. Spontan beschließen wir morgen eine Wanderung durch die Schlucht zu machen und fahren die Serpentinenstraße hoch bis kurz vor das Dorf Imbros.

Am nächsten Morgen ist es noch etwas nebelig, aber wir machen uns auf den Weg durch die Schlucht hinab nach Komitades. Die Strecke ist rd. 5 km lang und hat einen Höhenunterschied von 600 Metern. Da wir bergabwärts gehen ist das nicht sonderlich anstrengend. Die Imbros Schlucht ist ohnehin eine einfach zu begehende Schlucht. Der Weg ist gut zu erkennen und es sind keine Kletterpartien erforderlich. Stellenweise stoßen wir immer wieder auf den alten, steingepflasterten Maultierpfad, der in früheren Zeiten die einzige Verbindung über das Gebirge darstellte. Ansonsten führt die Wanderung über das Geröll des Flussbettes. Nicht schwierig zu begehen, aber man muss schon sehr aufmerksam schauen wo man hintritt.

Baum mit Moos

Nach einiger Zeit verengt sich die Schlucht immer mehr und wir wandern durch einen noch etwas nebligen Wald aus Zypressen, Kiefern und immergrünen Eichen. Einige Baumstämme sind vollständig mit Moos überzogen und der Morgennebel liegt nicht nur auf den Pflanzen und Steinen sondern macht auch unsere Kleidung klamm.

Nach einer guten Stunde erreichen wir die erste der beeindruckenden Engstellen der Schlucht. Das Wasser hat hier einen glatt geschliffenen, steinernen Wasserfall zwischen eng stehenden Canyonwänden geschaffen, der sich aber bequem wie eine Treppe begehen lässt. Kurz darauf erreichen wir in einem s-förmig gewundenen Bereich die engste Stelle des Canyons. Hier haben die senkrecht aufragenden Felswände gerade noch einen Abstand von 1,60 Metern. Ein Schild weist darauf hin, damit man das auch auf keinen Fall übersieht.

Imbros Schlucht

Man kann sehen, dass die Schlucht nicht immer so einfach und friedlich ist wie heute.

 

Viele Schotterhalden zeigen, dass sich die Schlucht in steter Veränderung befindet und an einer Wegstelle finden wir eine Ziege, die wohl bei einem Absturz aus einer der steilen Felswände ums Leben gekommen ist.

 

Imbros Schlucht

Kurz darauf rücken die Wände der Schlucht wieder weiter auseinander und wir erreichen – ungefähr auf der Mitte der Wanderung liegend - eine kleine Hütte. Hier werden im Sommer wohl die Eintrittstickets kontrolliert. Jetzt im Winter, sind die Kassenhäuschen am Ein- und Ausgang der Schlucht nicht besetzt und wir sind uns auf der Strecke selbst überlassen. Außer uns und ein paar Ziegen ist hier niemand unterwegs.

Nach einiger Zeit erreichen wir ein weiteres Highlight der Imbros Schlucht. Hinter einer Biegung der Schlucht schafft ein gewaltiger, auf einer Seite frei stehender Felsbogen ein gigantisches Tor. Er ist so groß und die Schlucht so gewunden, dass es gar nicht möglich ist den Eindruck auf einem Foto wiederzugeben. Ich klettere einen durch Steinschlag entstandenen Hügel hinauf um eine bessere Perspektive zu bekommen, aber auch dann kann das Bild nur einen Teil des Steinbogens wiedergeben.

Der Rest der Wanderung ist eher unspektakulär, da die Felswände immer weiter auseinanderrücken. Außerdem ist jetzt unser Blick sehr auf den Boden fixiert um auf dem steinigen Geröll des Flussbettes nicht umzuknicken. Nach 3 Stunden kommen wir an einer Taverne kurz vor Komitades vorbei. Sie ist gähnend leer aber Stavros, der Besitzer kommt uns schon entgegen. Wir fragen nach einem Taxi und erfrischen uns mit frisch gepresstem Orangensaft. Taxi? - das macht Stavros selbst. Die Taverne wird abgeschlossen, wir werden in seinen alten PKW verfrachtet und für 20 Euro bringt er uns zurück zum Sprinter.

Eine Wanderung durch die Imbros Schlucht

Eigentlich haben wir für heute genug erlebt, aber da die Sonne so schön scheint und für morgen schon wieder Wolken angesagt sind, fahren wir am Nachmittag wieder zurück an die Südküste. Das heißt also wieder die 18 Haarnadelkurven von Imbros runter an die Küste, dann durch den kleinen Küstenort Chora Sfakion und anschließend 23 Kurven hoch bis Anopoli. Wir können nur sagen, der Trollstigen in Norwegen mit seinen 11 Haarnadelkurven wird echt überbewertet! Und wozu der Aufwand? Uns lockt die Brücke über die Aradena Schlucht und das fast verlassene Dorf Aradena.

Berg, Serpentinen, Straße

Während wir uns Serpentine um Serpentine den Berg hinauf schlängeln, schlägt mal wieder das Wetter um.

Wir fahren entlang einer Wetterscheide. Auf der einen Seite Wolken, auf der anderen Sonne. Der Wind treibt immer wieder Nebelschwaden vor den Bergen her und über uns kreisen bis zu zehn Gänsegeier.

 

Die Aradena Schlucht verläuft vom Libyschen Meer nach Norden in Richtung der Lefka Ori, der Weißen Berge. Direkt unterhalb des Dorfes Aradena ist mit nur zirka 8 Metern am Grund und etwa 25 Metern an der Oberkante die engste Stelle der Schlucht und hier wird sie von der erst in 1986 erbauten Stahlträgerbrücke überspannt. Diese Brücke verbindet jetzt Aradena und Agios Ioannis mit dem restlichen Kreta. Bis zu dieser Zeit konnte die Schlucht nur auf einem befestigten Saumpfad durchquert werden. Da die Felswände an dieser Stelle fast senkrecht rd. 140 Meter in die Schlucht abfallen, wäre die Brücke für die Dorfbewohner schon eine enorme Erleichterung gewesen. Unglücklicherweise wurde das Dorf durch eine blutige Familienfehde fast entvölkert und die Überlebenden verließen diesen Ort. Inzwischen wurden einige wenige Häuser wieder hergerichtet, und das Geisterdorf ist nicht mehr vollständig unbewohnt.

Verfallene Häuser, Aradena, Ruinen

So tragisch diese Geschichte ist, so herrlich sind die Fotomotive, die die malerisch verfallenen Häuser uns in der spätnachmittaglichen Sonne bieten – sofern es diese schafft sich mal kurz durch die Wolken zu kämpfen. Wir gehen durch das Dorf bis zum dem Beginn des Saumpfades in die Schlucht. Für einen Abstieg ist es schon zu spät und Bewegung hatten wir heute ja schon genug. Auf dem Rückweg besuchen wir die direkt am Schluchthang liegende byzantinische Kirche Archangelos Michael.

Aradena - das Dorf

Der Rückweg zum Sprinter führt uns durch einen Hain mit alten Olivenbäumen und dann wieder über die Brücke. Ihre Fahrbahn besteht aus unbefestigten Holzbalken und zwischen den Spalten kann man nach unten schauen. In der Mitte der Brücke befindet sich eine Plattform für Bungee-Sprünge, die nur in den Sommermonaten genutzt wird. Hier kann man dann den angeblich höchsten Sprung von einer Brücke in Europa machen. Mir reicht allein der Blick nach unten. Hier springen – für Geld und Kuchen nicht!

Aradena - die Schlucht

Während die Sonne untergeht fahren wir zurück nach Chora Sfakion und übernachten auf dem großen Parkplatz im Ort. Ein kurzer Spaziergang an den Hafen und die Uferpromenade zeigt, dass hier alles im tiefen Winterschlaf liegt.

Hora Sfakion, Stadt, Meer, Berge, Serpentinen

Das Naturschutzgebiet rund um das Gebirge der Lefka Ori ist von der Stichstraße nach Aradena abgesehen völlig unzugänglich. Von hier besteht also keine Möglichkeit die Südküste weiter in westlicher Richtung zu befahren. Wir beschließen an die Nordküste nach Chania zu fahren um dort die angekündigte Regenfront auszusitzen. Also wieder die 18 Serpentinen hoch nach Imbros. Kurz danach zweigt die Straße ab, an der wir damals schneebedingt wieder umkehren mussten. Wir starten einen zweiten Versuch. Aber auch diesen brechen wir nach wenigen Kilometern ab. Schnee ist derzeit kein Problem, aber je höher wir kommen umso dichter wird der Nebel und außerdem fängt es an zu regnen. Wir sehen kaum die Hand vor Augen, geschweige denn die Steinbrocken die immer mal wieder auf der Straße liegen und die schöne Aussicht, wegen der wir überhaupt hier lang wollten ist natürlich gleich Null.

Am Iguna Beach bei Chania stehen bereits zwei deutsche Wohnmobile und wir haben mal wieder Gelegenheit zu netten Gesprächen. Weniger nett sind die Gruppen von Roma, die kurz darauf ihr Autolager hier aufschlagen, Geschrei ohne Ende machen und ihren Müll fallen lassen wo sie gerade stehen. Das nur 10 Meter weiter große Müllcontainer stehen interessiert sie nicht. Das ist nicht die von uns gewünschte Umgebung und deshalb machen uns auf zur Halbinsel von Rodopou. Einige km hinter dem gleichnamigen Dorf geht die Straße in eine Piste über, die rd. 17 km später an dem Strand Diktina endet. Die Piste wird nach kurzer Zeit durch Auswaschungen ziemlich holperig und wir haben hier auf Kreta so viele tolle Strände gesehen, dass wir keine Lust haben uns für diesen eher durchschnittlichen Strand noch so viele Kilometer durchrütteln zu lassen. Außerdem sind wie erwähnt Regentage angesagt. Deshalb kehren wir um und nehmen uns die nächste Halbinsel vor.

 

Die Akrotiri genannte Halbinsel bei Chania ist 112 km² groß und im Südwesten mit Kreta durch eine weite Landbrücke verbunden. Ein Teil der Halbinsel ist militärisches Sperrgebiet und außerdem befindet sich ein großer ziviler Flughafen auf Akrotiri.

Kloster Agia Triada, Kreta

Wir fahren direkt zu dem bekannten Kloster Agia Triada, das 1631 am südlichen Rand des Gebirgszuges von Akrotiri erbaut wurde. Es wird nach seinen Gründern - zwei venezianischen Mönchen – auch Agios Triados Tsangaroloi genannt. Eine Allee mit alten Zypressen führt durch ordentliche Felder mit Wein, Oliven und Orangenkulturen auf die quadratische, festungsartige Kosteranlage zu. Vor dem Kloster befindet sich ein sehr großer Parkplatz, den wir momentan ganz für uns allein haben.

Eine Treppe führt zu einem monumentalen Steinportal von welchem sich der Blick auf die im venezianischem Renaissance-Stil errichtete Kirche eröffnet. Von Zeit zu Zeit scheint die Sonne sanft durch den bewölkten Himmel und taucht die mit rötlichem Lehm verputzen Mauern in ein phantastisches Licht.

Kloster Agia Triada
Bogengang, Kloster, Agia Triada, Kreta

Auffallend viele Katzen haben es sich auf den Bänken und Mauern gemütlich gemacht. Die kleinen Gärten im Kloster zeigen, dass hier Pflanzenliebhaber am Werk sind. Am meisten beeindruckt mich der große, alte Zitronenbaum, der es von seinen Ausmaßen mit jedem Apfelbaum aufnehmen kann. Einen so großen Zitronenbaum habe ich noch nie gesehen und dazu ist er extrem vital und hängt voller leuchtend gelber Früchte. Aber auch die beiden Apfelsinenbäume, die rechts und links neben dem Kirchenportal stehen, suchen ihresgleichen. In den Beeten blühen große und kleine Strelizien neben Zierquitten, Narzissen und Begonien. Vor einer terrakotta farbenen Wand leuchten die roten Blüten einer rankenden Tecomaria – wie muss es erst im Sommer hier blühen.

 

In einem Seitenraum befindet sich ein kleines Museum mit alten Büchern und Schriftrollen, Ikonen und kirchlichen Ritualgegenständen. Agia Triada ist das größte Kloster Kretas und es ist bekannt für die hier produzierten Olivenöle und Weine in höchster Bioqualität. Der Zugang zu den Verkaufsräumen erfolgt über ein Tor an der Außenfassade des Klosters und wir kaufen etwas Olivenöl, einen lieblichen Rotwein, Gewürzmischungen und diverse Seifen.

Kloster Agia Triada - ein Traum in Terrakotta!

Am Kloster Agia Triada sitzen wir zwei Regentage aus und bei einem Spaziergang treffe ich diese hübschen Dickköpfe. Und da ich immer schon auf eine Gelegenheit gewartet habe diese eindrucksvollen Charakterköpfe aus der Nähe zu porträtieren, ist dann diese Fotoserie entstanden.

Da es immer sonniger wird, fahren wir noch rd. 4 km weiter nach Norden in die Berge zum Kloster Gouverneto. Durch eine kleine Schlucht erreichen wir den auf rd. 440 Meter Höhe liegenden Pass und kurz darauf einen Parkplatz vor einer niedrigen Mauer. Durch einen gartenähnlich angelegten Park führt ein ordentlicher Steinweg zum Klostergebäude. Eine Innenbesichtigung ist leider nicht möglich, da bis 16 Uhr geschlossen ist.

Hinter dem Gelände des Klosters Gouverneto führt ein noch teilweise gepflasterter Pfad aus früheren Zeiten hinab in die Avlaki Schlucht. Wir folgen ihm und entdecken seit langer Zeit mal wieder Eidechsen. Auch Ziegen und Schafe tummeln sich hier. Bunte Farbverlaufwolle ist modern und so sehen auch die hier weidenden Schafe aus ;-)

 

Nach ca. 20 Minuten leichtem bergab gehen kommen wir an eine Ruine, hinter der die Höhle von Arkoudospilio (auch Arkoudiotissa) liegt. Nach einem großen Stalagmiten, der mit sehr viel Fantasie Bärenform hat, wird sie auch Bärenhöhle genannt. Sie ist sehr geräumig und in ihrer Mitte ist ein Wassersammelbecken aufgemauert. Auf der linken Seite des Höhleneingangs schmiegt sich eine kleine Kapelle (Panagia Arkoudiotissa) aus dem 16. Jahrhundert in den Fels. Da wir heute keine Lust mehr zu einem Abstieg in die Schlucht haben, kehren wir kurz darauf um und fahren zurück zum Kloster Agia Triada.